Gesundheitsinformationen aus dem
Internet
Weltweit verfügen mehr als 3
Mrd. Menschen (ca. 41% der Weltbevölkerung) über einen Zugang zum Internet. Es
gibt knapp 1 Mrd. Webauftritte mit insgesamt ca. 25 Milliarden Webseiten.
2014 waren 76,8 Prozent der
Deutschen - knapp 54 Millionen Personen über 14 Jahren - online. 63.1% täglich
und über 50% auch mobil.
Das Internet bietet ein reichhaltiges und zumeist
kostenloses Angebot an Inhalten und Diensten. So spielen neben der reinen Informationsbereitstellung
inzwischen auch Kommunikations- (sei es konventionell über E-Mail oder "modern"
über SocialMedia-Angebote wie WhatsApp oder Skype) und Unterhaltungsdienste
(z.B. das Streamen von Videos auf Youtube) eine wichtige Rolle. So wurden 2015
weltweit in einer einzigen Sekunde durchschnittlich 2.435.762 Emails verschickt und 109.789 YouTube Videos
geschaut.
Was kann ich alles im Internet im
Gesundheitsbereich erledigen?
Das Internet ist ein echtes Multitalent
und vielseitig verwendbar.
- Man kann sich über Dienstleister (Ärzte,
Kliniken, soziale Dienste, Physiotherapeuten, Heilpraktiker uvam.) ausführlich
informieren. Hierzu gibt es spezialisierte Suchmaschinen um Ärzte (z.B. http://www.arzt-auskunft.de, www.jameda.de)
oder Kliniken zu finden (z.B. www.weisse-liste.deoder www.qualitätskliniken.de), die nicht nur eine aktuelle "Adressliste",
sondern oftmals auch Nutzererfahrungen von anderen Patienten und öffentliche
Qualitätsberichte beinhalten.
- Ambulante Pflegedienste oder stationäre Pflegeeinrichtungen lassen sich mit www.pflegelotse.de komfortabel suchen.
- Der Onlinekauf von Medikamenten wird immer
beliebter: 2011 hatte schon jeder sechste Internet-Nutzer über 14
Jahren bereits Medikamente online
gekauft. Einen möglichen Ausgangspunkt für die Online-Bestellung stellt das
Preisvergleichsportal www.apomio.de oder www.medizinfuchs.de dar,
welches mehrere Onlineapotheken nach den günstigsten Preisen durchsucht.
Bei
Medikamenten ist der sogenannte Interaktionscheck besonders wichtig. Jedes Jahr
erleiden Menschen Schäden, weil sie Medikamente kombinieren, die in ihrer
Wechselwirkung gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen. Unterwww.apotheken-umschau.de/Arzneimittel-Check
können Medikamenteninteraktionen online überprüft oder aber durch Nutzung von Diensten wie www.medikationskarte.de reduziert
werden.
- Online-Dienste zur Vereinbarung von Arztterminen werden ebenfalls häufiger angeboten
und genutzt: 29% der dt. Onlinenutzer haben schon mindestens einen Haus- oder
Facharzttermin online vereinbart.
- Krankenkassen-
und Versicherungen haben ebenfalls oft umfangreiche Auftritte,
informieren aber auf jeden Fall ausführlich über ihre Leistungen.
Einen wichtigen Schwerpunkt
stellen Gesundheitsinformationen dar: Also Informationen zu Krankheiten (Diagnosen wie z.B. Diabetes);
Krankheitszeichen (Symptomen wie z.B. Durchfall), Behandlungsmethoden
(Therapien wie z.B. Arzneimittelgabe). Das Internet ist als Quelle für
Gesundheitsinformationen schon an zweite Stelle vorgerückt, nach dem Gespräch
mit dem Arzt. Die Informationsbandbreite, also die Menge der angebotenen Informationen und
Dienste im Internet, ist enorm. Genauso groß sind aber auch die
Qualitätsunterschiede.
Suchen mit Google
95% der Deutschen starten Ihre Suche mit der Suchmaschine Google. So wurden
2015 weltweit durchschnittlich 51.113
Googlesuchen in einer Sekunde abgesendet.
Die Googlesuche ist leicht bedienbar und vermittelt schnell Erfolgserlebnisse.
Subjektiv bekommt man das Gefühl, das Internet damit im Griff zu haben. Aber gerade im Gesundheitsbereich trügt dieser Schein, Die verschieden Informationsanbieter
verfolgen ganz unterschiedliche Ziele, welche sich nicht immer sofort erkennen
lassen.
Viele Arten von InformationsanbieternGerade im Gesundheitsbereich
gibt es viele Arten von Informationsanbietern mit unterschiedlichen Interessen.
Industrie
Wirtschaftsunternehmen wie die Pharmazeutische Industrie,
Medizintechnik und Ernährungsindustrie, deren Hauptinteresse es ist, ihre
Produkte zu bewerben und in positivem Licht darzustellen.
Dienstleister
Dann gibt es die "Dienstleister" wie Ärzte,
Krankenhäuser, soziale Dienste, die selbst "Dienste" anbieten und neben der
reinen sachlichen Information darüber auch z.B. Behandlungsmethoden empfehlen,
die medizinisch nicht notwendig sind (oder keinen echten Nutzen nachweisen
konnten), aber für ein Zusatzeinkommen sorgen können. Bei den Ärzten spricht
man hier von IndividuellenGEsundheitsLeistungen (kurz IGEL). Ausführliche
Informationen dazu im IGEL-Monitor (www.igel-monitor.de).
Selbsthilfe
Die Selbsthilfe ist ebenfalls gut im Internet
vertreten. Doch auch hier bestehen wichtige Unterschiede: Einige
Selbsthilfegruppen werden nicht unerheblich von der pharmazeutischen oder
Medizintechnik-Industrie gesponsert. Mehr dazu in der Broschüre "Ungleiche
Partner" und auf der Webseite des www.iqtg.de in der Transparenz-DB.
Gesundheitsportale, Privatwirtschaft
Gesundheitsportale wie www.onmeda.de, www.lifeline.deoder www.netdoktor.de, die umfangreiche Informationen anbieten finanzieren sich
über Werbung. Nicht immer läuft die Trennung von Inhalt und Werbung einwandfrei
(wie jüngst bei Netdoktor). Das Gesundheits-Portal www.Apotheken-Umschau.de ist inzwischen werbefrei und finanziert sich
über den Verlag und die Apotheker.
Behördliche Stellen
Staatliche Stellen wie das IQWIG (www.gesundheitsinformationen.de), das Robert-Koch-Institut (www.rki.de), das Paul-Ehrlich-Institut (www.pei.de) oder auch die Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (www.bzga.de) bieten gute Informationen an, werden über
Suchmaschinen aber kaum gefunden.
Verlage
Auch die Tages/Wochenpresse (www.spiegel.de,www.sueddeutsche.de, www.zeit.de)
berichtet häufig über Gesundheitsthemen.
Online-Enzyklopädien
Die www.wikipedia.de - ein Online-Lexikon - ist beliebt und in den Suchergebnissen von
Google immer weit vorne. Bitte bedenken Sie aber, dass die Wikipedia von allen
Personen minütlich geändert werden kann. Insofern können dort auch falsche
Angaben enthalten sein oder Interessensgruppen ihre Inhalte in den Artikel unbemerkt
"einschleusen".
Selbstverwaltung, Verbände
Dazu kommen Fach- und Lobbyverbände wie z.B. www.bundesaerztekammer.de, Kassenärztliche Bundesvereinigung (www.kbv.de) oder Deutsche Gesellschaft für innere Medizin (www.dgim.de), um nur einige wenige zu nennen.
Für die meisten Berufe im
Gesundheitswesen gibt es medizinische Leitlinien, also Standardempfehlungen für
das richtige Vorgehen bei bestimmten Krankheitsbildern. Bei den Ärzten werden
diese von der "Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften e.V." (www.awmf.org)
verwaltet. Für einige dieser Leitlinien wurde speziell eine patientenverständliche
Variante entwickelt.
Community
Diskussionsforen gibt es viele und scheinen prinzipiell eine gute Idee zu sein,
da dort individuelle Gesundheitsprobleme verständlich besprochen werden. Doch
auch hier muss man aufpassen, denn oftmals sind Gesundheitsagenturen oder
Geschäftsleute als normale Nutzer getarnt unterwegs, mit dem Ziel Produkte und Dienstleistungen
zu empfehlen.
Wissenschaftliche Literatur
Alle weltweit veröffentlichten Studien mit Medizinbezug werden in der Medline der
US Library of Medicine (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed) veröffentlicht. Viele wissenschaftliche Studien
sind dort auch im Volltext abrufbar.
Eine allgemeine Suchmaschine
wie Google tut sich mit dieser komplexen Mischung schwer, weil Popularität,
Markenimage und Vernetzungsdichte falsche Schwerpunkte in den Ergebnislisten zum
Thema Gesundheit setzen. Und Google hat keine speziellen Mechanismen eingebaut
um "gute Gesundheitsinformationen" zu erkennen.
Woran erkennt man nun "gute
Gesundheitsinformationen"?
Am besten schaltet man den
gesunden Menschenverstand ein! Die Gesundheitswelt besteht nicht nur aus
Gutmenschen, sondern bei vielen Akteuren spielen wirtschaftliche Interessen
eine vorrangige Rolle. Insofern sind interessensneutrale Stellen, wie
behördliche Institutionen wie das IQWIG mit www.gesundheitsifnormationen.de oder unabhängige Forschungseinrichtungen wie
z.B. Cochrane http://www.cochrane.org/de/evidence diesbezüglich erste Wahl.
- Vergleichen
Sie mehrere Quellen, die verschiedene
Perspektiven widerspiegeln, um wichtige "Meinungsunterschiede" zu
identifizieren und für sich abzuwägen. Medizin ist eine Erfahrungswissenschaft,
insofern gibt es selten Einstimmigkeit aus allen Blickwinkeln. Besprechen Sie
Ihre Ergebnisse mit einem Experten wie z.B. Ihrem Hausarzt.
- Schauen Sie zuerst im Impressum nach, wer der Anbieter der Information ist und
vergegenwärtigen sie sich, was wohl der Zweck der Informationsbereitstellung sein
könnte. Warum bietet der Betreiber diese Information an? Will er Produkte oder
Dienstleistungen verkaufen? Finanziert er sich über Werbung oder arbeitet er
direkt mit Kommunikationsagenturen (Arm der Industrie) oder einer der
Industrien (Pharmaindustrie, Medizintechnik oder Ernährungswirtschaft) zusammen?
Mit dieser Information im Hinterkopf, kann man dann die Inhalte dieser Webseite
besser einordnen.
- Der medizinische Fortschritt schreitet schnell
voran. Insofern ist es gut, zu schauen ob ein Erstellungs-/Änderungsdatum jeweils an der Information vorhanden
ist. Sollten diese schon lange nicht mehr aktualisiert worden sein (z.B. älter
als 5 Jahre), sind die Aussagen zumindest mit anderen Quellen zu überprüfen,
denn sie könnten veraltet sein.
- Werden bei Untersuchungen und Behandlungen
wirklich Nutzen UND Risiken
dargestellt und wird auch auf andere Behandlungen oder die Option des
"Abwartens" eingegangen? Falls nicht, sieht es nach einer einseitigen,
undifferenzierten und damit potentiell falschen Darstellung aus.
- Informationen sollten auf keinen Fall Angst machen, z.B.
"Wenn sie das nicht tun, dann.....", da man ansonsten ggf. vorschnell und
unüberlegt handelt.
- Wenn "wissenschaftliche
Studien" genannt werden, sollten diese als Quellen angegeben und leicht
aufgefunden werden können. Vieles was als "wissenschaftliche Studie" bezeichnet
wird, kann die Mindestanforderungen an eine solche nicht erfüllen. Wichtige
"Zauberwörter" für gute Studien sind randomisiert,
prospektiv (statt retrospektiv), repräsentativ. Auch sollte die Studienteilnehmeranzahl auf jeden Fall eine
statistisch relevante Anzahl überschreiten. Alles unter 100 Probanden (mehr ist
immer besser!) kann zwar Denkanstöße geben, ist aber nicht auf größere Bevölkerungsgruppen
übertragbar. Mehr dazu gibt es bspw. hier: http://www.eufic.org/article/de/page/rarchive/expid/WISSENSCHAFTLICHE-STUDIEN-VERSTEHEN/
- Gesundheitsinformationen
gelten darüber hinaus als besonders gut, wenn sie evidenzbasiert (auch EbM = evidenzbasierte Medizin) sind. Der
Begriff "Evidenz" leitet sich aus dem Englischen "evidence" ab
und bedeutet Nachweis, Anzeichen, Beleg oder Hinweis. Evidenzbasierte
Gesundheitsinformationen liefern objektive und wissenschaftlich belegte
Aussagen zu Erkrankungen und den Möglichkeiten ihrer Untersuchung und
Behandlung. Sie berücksichtigen die jeweils aktuell besten und
aussagekräftigsten systematisch erhobenen Daten zu den untersuchten Themen. Mehr
dazu auch hier: http://www.tk.de/tk/kompetent-als-patient/iinformationen-bewerten/qualitaetskriterien/225960
Doch leider gibt es zu vielen Fragestellungen wenig Evidenz. Darüber hinaus
sind viele Studiendaten (insbesondere zu für Firmen oder bestimmte Behandlungen
ungünstigen Ergebnissen) der unabhängigen Forschung nicht ausreichend zugänglich.
Generell ist
gerade in unserer schnelllebigen Zeit und den schrumpfenden Redaktionen die
medizinjournalistische Kompetenz bei vielen (auch bekannten Angeboten) der
Tagespresse verbesserungsbedürftig. Zur Schulung des eigenen Blickes und als
hilfreicher Leitfaden kann hier das Angebot www.medien-doktor.de dienen.
Besser suchen und finden
Ein weiteres Problem bei der
Google-Volltextsuche entsteht durch die starke Abhängigkeit der Ergebnisse von
den Suchbegriffen. Dies hilft zwar sehr bei komplexen Anfragen, genau das zu
finden was man sucht. Bei einfachen Anfragen mit einem oder zwei Suchbegriffen
hängt es aber sehr von den "richtigen" Begriffen ab, um gute Ergebnisse zu
erzielen. Auch die Verwendung von Laien- oder Fachsprache kann sehr schnell zu
sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Probieren Sie doch einmal die
Begriffe "Hypertonie" und "Bluthochdruck" aus und sehen wie unterschiedlich die
Ergebnisse sind.
Vor dem Hintergrund dieser
Unzulänglichkeiten und Probleme hat das Institut für Qualität und Transparenz von
Gesundheitsinformationen (IQTG) zwei Informationssuchdienste entwickelt:
Insbesondere wenn Sie noch nicht ganz
genau wissen, wonach Sie suchen, nutzen Sie einen Katalog wie www.medinfo.de. Dort führen unterschiedliche
Suchbegriffe zu gleichen redaktionell von Menschen zusammengestellten empfehlenswerten
Linkzusammenstellungen. Innerhalb der Themen gibt es Querverweise zu ähnlichen
oder verwandten Themen und auch aktuelle Nachrichten sind an diesem Thema
verortet.
Und wenn Sie den Komfort und die
Geschwindigkeit der Google-Suchmaschine nutzen wollen, aber auf einem auf "gute
Gesundheitsinformationen" beschränkten Informationsbestand suchen wollen,
nutzen Sie www.medisuch.de. In einem aufwändigen Verfahren werden
dort Informationsangebote untersucht und die Anbieter verpflichtet, dass ihre
Informationen unabhängig der Interessen folgender Industriezweige sind: Pharma,
Ernährung und Medizintechnik. Das hilft dabei schneller relevante
Gesundheitsinformationen zu finden.
Fazit
Das Internet hat unser Leben verändert
und hat die Informations-Asymmetrie zwischen Experte und Patient deutlich
verringert. Die richtige Einordnung all der angebotenen Informationen ist
allerdings nicht einfach und erfordert viel Zeit und Geduld, die richtigen
Werkzeuge und einen guten Diskussions-Partner wie z.B. Ihren Arzt. Somit wird
die riesige Informationsflut zu einem gesund nährenden Fluss.
Der Artikel wurde vom Institut
für Qualität und Transparenz für Gesundheitsinformationen (IQTG) von dem Arzt
Christian Leopold und dem Medizininformatiker Dr. Michael Hägele erstellt, die
seit über 15 Jahren Projekte und forschende Aktivitäten zu
Gesundheitsinformationen durchführen. Stand Oktober 2015.
Seite erstellt am: 27.10.2015 17:36:00, zuletzt geändert am: 29.10.2015 09:26:00 Redaktion der Seite: Administrator |